Auf Einladung des Wiener Wiesenthal Institutes (VWI) fanden sich etwas über 100 Personen (Robert Eichert als Vortragender, ich als Miteingeladene) – inklusive einer Gruppe aus Ungarn – am 27. Mai am Treffpunkt Wien 2, Tempelgasse, ein. Die Fahrt ging zu 8 Wiener Standorten, in denen es – deklariert als offizielle „Menschen-Leihgabe“ des ungarischen Staates – ZwangsarbeiterInnen gab. Ein letztes Kapitel der „Shoah“.
An acht Standorten in der Leopoldstadt, in Favoriten, Rudolfsheim-Fünfhaus, in der Lobau und in Floridsdorf wird von ExpertInnen, aber auch Zeitzeugen die Geschichte dieses Zwangsaufenthaltes in Wien aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt, Fragen von Unterbringung, Fürsorge, Arbeit, Versorgung, Kommunikation, Hilfe, Überleben und Tod erläutert. Die Fahrten zwischen den Stationen dienten nicht nur der Vertiefung historischen Wissens, sondern mithilfe von Einspielungen audiovisueller Dokumente und der Präsentation von ausgewählten Objekten auch dem aktiven Gedenken und Erinnern.Im Mittelpunkt standen jene ungarischen Jüdinnen und Juden, die in den Jahren 1944/45 an verschiedenen Orten in Wien (Gau Großwien) – von Rüstungsbetrieben über Baufirmen bis hin zu Behörden – Zwangsarbeit verrichten mussten. Viele darunter überlebten diese Zeit nicht.
Es gab Interviews mit Überlebenden mithilfe audiovisueller Dokumente und an jeder Station ausführliche Information über das Schicksal der Betroffenen. Mehr unter: Zwangsarbeit in Wien
Begrüßt wurden wir von Béla Rásky, Historiker und Geschäftsführer des VWI, und nach Erörterungen über die Funktion des Kinderspitals in Wien 2, Ferdinandstraße (Susanne Uslu-Pauer und Szabolcs Szita) , ging es zum zweiten Treffpunkt, der Ankerbrotfabrik in zehnten Bezirk inklusive der dortigen Geschichte über Widerstand und Zwangsarbeit von 1934 bis 1945 – Vortragender Christian Rapp.
Dritte Station war die Papierwarenfabrik Adolf Reiss, ebenfalls in Favoriten. Hier erzählte Philipp Rohrbach (VWI) über die Arisierung des Betriebs und Arbeitsbedingungen ungarisch-jüdischer ZwangsarbeiterInnen.
Vierte Station war dann ein Wohnlager der Gemeinde Wien im 15. Bezirk, Hackegasse. Hier ging es um die Wohnbedingungen ungarisch-jüdischer ZwangsarbeiterInnen. Vortragende waren: Kinga Frojimovics (VWI), Eleonore Lappin-Eppel (ÖAW, Wien).
V.li: BR Robert Eichert, Dr. Béla Rásky, Prof. Szabolcs Szita (Direktor des Holocaust Memorial Centers in Budapest)
Nach einer Mittagspause an der „Neuen Donau“ fuhren wir zum Mahnmal in der Lobau bei uns in der Donaustadt. Robert Eichert ( Bezirkshistoriker ) und Prof. Szabolcs Szita schilderten eindrucksvoll die Bedingungen und Lebensumstände der dort eingesetzten Zwangsarbeiter. Als Initiator des Mahnmals erzählte Eichert zusätzlich von dessen Entstehung. Mahnmal-Geschichte
Anschließend ging die Busfahrt nach Floridsdorf zum damaligen Außenlager des KZ-Mauthausen in der Hopfengasse. Roman Fröhlich (Freie Universität Berlin) befasste sich mit dem dortigen Einsatz von KZ-Häftlingen in der Luftfahrt-Industrie.
Die Mautner Markhof Brauerei inklusive der dazugehörigen Mautner-Villa war dann der letzte Ort des Gedenkens.Thomas Potoschnig begab sich mit uns auf die Spur dieses ehemaligenZwangsarbeiterkomplexes und klärte die TeilnehmerInnen über Gerüchte aber auch über Erwisenes auf.
Nach der besinnlichen aber auch emotialen Abschiedsrede von Eva Kovacs (VWI) gabe es noch ein kleines Buffet – Gelegenheit, diesen Tag zu verarbeiten, zu diskutieren, mit dem Wissen, dass wir nie vergessen dürfen – dass wir uns erinnern müssen „BEWEGT“.
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Artikel von Robert Eichert in der DBZ Nr. 4/2010 : Seite 1 Seite 2.
Tagebuch von Zwangsarbeiter Jozsef Bihari